In jeder Session stellen sich ihre Mitjeckinnen erneut die Frage: Wo herrscht größere Verwirrung – in Hildes voluminösem Haupthaar oder in ihrem verpeilten Hirn?

Die Karnevalsgesellschaft „Ützchen und Knützchen“ kann von Glück sagen, dass Hilde überhaupt unter ihnen weilt. Denn den Weg in den Sitzungssaal findet sie jedes Jahr aufs Neue nur mit fremder Hilfe: Um Punkt 18 Uhr wird sie von Jeckin Josefine von ihrer Lieblingsserie vom Fernseher weggerissen und auf die Bühne entführt.

Was sie dort soll, weiß Hilde nicht wirklich, ebenso ist ihr schleierhaft, „warum die Frauen alle so komisch aussehen“. Dass das auch für sie selbst gilt, da ihr bei all der unverständlichen Hektik keine Zeit zum Umziehen blieb und sie daher im Homedress, sprich: Bademantel einmarschiert, dringt nicht in ihr Bewusstsein. Eigentlich würde sie gern wieder gehen, zumal ihr zweifelhaft scheint, dass sie „wirklich Mitglied in diesem Karnevalsverein ist“, wie die anderen standhaft behaupten. Das scheitert an der Tatsache, dass Hilde keinen Schimmer hat, wo sie sich befindet.

Und so bleibt sie mit wirren Haaren und wirrem Blick: auf der Bühne und in ihrem Zustand geistiger Umnachtung – der ja im Grunde der Zustand jeder guten Karnevalistin zu fortgeschrittener Stunde ist.

(Text: Chantal Louis)

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